Bökelberg

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Montag, 24. Oktober 2011

Kontrastprogramm in Holland - Störche und Spartaner


Unter der Prämisse "Kein Geld für Dietmar und Hoppenheim" entschieden wir uns zu Dritt kurzerhand ein etwas anderes Programm an diesem Wochenende ablaufen zu lassen. 2 Spiele in 2 Tagen im kleinen Nachbarland. Am Samstag stand die Partie ADO Den Haag - NEC Nijmegen auf dem Zettel. Anstoß 19.45 Uhr im Kyocera-Stadion. Da bis dahin allerdings noch sehr viel Zeit wahr wurde ein Pub in der Innenstadt von Den Haag geentert und damit noch nicht genug, war es sogar möglich das Spiel der Borussia in Dietmar-Town zu verfolgen. Zwar stand das Bild durch eine schlechte Internet-Verbindung häufig still, aber zumindest war man immer auf dem aktuellsten Stand der Dinge. Parallel liefen noch diverse andere Spiele um einen herum so das man mit einem fußballerischen Overkill umgeben war ( u.a. Villa-West Brom, Newcastle-Wigan, Motherwell-Kilmarnock, BVB-K***). Bis auf das Ergebnis Borussias bis dahin ein gelungener Nachmittag.
Danach ging es los zum Stadion, welches mit Verlaub gesagt am Arsch der Welt liegt. Zirka 8 km vom Stadtzentrum entfernt und mitten in einem Gewerbegebiet gelegen ist es zwar mit der Tram noch relativ gut zu erreichen, aber drumherum gibt es schlichtweg NICHTS! Das Stadion kommt von aussen als kahler grauer Wellblechbau daher, der Eingang für Gästefans gleicht einem Hochsicherheitsgefängnis (große Stahltore, hohe Zäüne, Wassergraben, Kameras überall).


Also erstmal Karten gekauft (billigstes Ticket für 23 €) und mals sehen was das Supporters-Home so kann. Einfache Antwort: Nix! Eine bessere Gartenlaube lieblos vor´s Stadion geklatscht mit keinerlei Charme und jeder Menge verschrobener Gestalten. Das Bier ist überteuert und schmeckt abgestanden. Abgehakt! Als nächstes Fanshop. Klein, übersichtlich, nicht weiter erwähnenswert. Da außerhalb keine weiteren "Highlights" zu erwarten sind, gehen wir rein. Der Eingang ist eine Art Schleuse mit mechanischen Toren und Kameraüberwachung. Innen präsentiert sich der Ground schon wesentlich besser. Man sieht hervorragend, das große Bier (0,4 l) kostet 3 € und die ADO-Fans deuten an, das man hier die Hütte rein akustisch durchaus "brennen" lassen kann. Das Maskottchen von Den Haag, ein Storch, schaut auch mal kurz vorbei und winkt in die Menge.


Das Spiel plätschert so vor sich hin. Beide Teams können eigentlich nicht viel, aber dennoch gewinnt ADO am Ende mit 1:0. Stimmungstechnisch passiert wenig bis garnichts und der Eindruck, das die Fans von Den Haag weniger der Stimmung und mehr der 3. HZ zugetan sind, bestätigt sich mit einem ADO-Fan am Bierstand. Nach 60 Minuten haben wir genug gesehen und machen uns auf den Rückweg in die Stadt. Fazit: Stadt schön, Stadion und Verein muss nicht nochmal sein.

Der Plan für den Sonntag und der ganze Verlauf des Tages sollte das Wochenende jedoch komplett retten.
Relativ früh am Morgen machen wir uns auf den Weg nach Rotterdam um in "Paddy Murphy´s Irish Pub" das Rugby-WC-Finale Neuseeland gegen Frankreich anzusehen. Kick-Off für dieses Event: 10 Uhr morgens!
Die Stadt präsentiert sich um 9 Uhr morgens ziemlich abweisend. Ein komplett im Umbau befindlicher Hauptbahnhof spuckt einen auf den Vorplatz der eine einzige Baustelle ist und den Blick auf die Skyline freigibt. Ich sehe nur Baukräne und halb fertige Hochhäuser und denke mir wenn der erste Eindruck den ganzen Tag bestimmt, dann wird es grauenhaft, denn ich fühle mich unwohl und möchte am liebsten wieder in den Zug steigen und weiterfahren (und zwar egal wohin)! Nach einem kleinen Irrlauf durch die Innenstadt stehen wir letztlich vor dem Pub, wo sich schon eine kleine Menschentraube versammelt hat, die darauf wartet , eingelassen zu werden. Kurz vor Spielbeginn ist der Pub mit ca 200 Leuten rappelvoll, das Bier schmeckt schon wieder (und zwar jedem in diesem Etablissement) und das Publikum ist bunt gemischt: Engländer, Franzosen, usw.


Das Match der "All Blacks" gegen die Franzosen zieht mich von der ersten Minute an in seinen Bann und ich drücke den Kiwis kräftig die Daumen. War mir das Team schon lange sympathisch, so habe ich nach dem traditionellen "Haka" vor jedem Spiel mein Herz vollends verloren. Die Stimmung im Pub ist super, jeder geht voll mit und Neuseeland gewinnt am Ende die "Schlacht" und die WM-Trophäe unter großem Jubel mit 8:7.
Wow, was für ein Start in den Tag. Jetzt geht´s los zum Stadion um die zweite Partie an diesem Wochenende zu sehen: Sparta Rotterdam - Go Ahead Eagles Deventer!

Der Weg zum Stadion führt mit der Tram aus dem Stadtkern von Rotterdam heraus in den Stadtteil Spangen, und je weiter man sich vom Zentrum entfernt, desto angenehmer wird die Umgebung. Nach einer 10-minütigen Fahrt erreichen wir das Stadion "Het Kasteel" und sind sofort hingerissen. Denn Sparta hat es geschafft, die Tradition in das 1916 erbaute und 1998 abgerissen und umgebaute Stadion (es wurde durch einen Orkan fast völlig zerstört) herüber zu retten. Markenzeichen und Namensgeber ist ein fünftürmiges Backsteingebäude, das als einziger Gebäudeteil vom alten Stadion komplett erhalten blieb, heute das Sparta-Museum beherbergt und um den herum das Stadion neu gebaut wurde. Es fast heute etwa 11000 Zuschauer und versprüht einen Charme, der jedes Fußballfan-Herz höher schlagen lässt!


Dazu Flutlichmasten, die sich nahtlos in das tolle Gesamtbild einfügen und aus dieser Symbiose aus neu und alt ein Fußballstadion zum verlieben machen. Dazu kommt, das man mit offenen Armen (und das als Deutscher in Rotterdam!) empfangen wird. Ein paar Scherzchen mit der Dame am Ticketschalter, Flachsereien im Fanshop beim Erwerb von Trikot und Schal, Smalltalk mit den Fans machen den Besuch im "Het Kasteel" jetzt schon zum Erlebnis.


Da noch Zeit genug war bis zum Anstoss wurde kurzerhand das Supporters-Home geentert. Und siehe da: im Gegensatz zu Den Haag zeigt Sparta auch hier, wie mans richtig macht. Die Fankneipe ist im Stadion unter der Haupttribüne untergebracht und saugemütlich. Schön rausgeputzt mit ner kleinen Theke, alten schweren Holztischen, Schals und Wimpel an der Wand und auf einer Großleinwand noch Live-Fußball mit Ajax vs Feyenoord. Das absolute Highlight ist allerdings die Toilette, die mit Fliesen wo das Sparta-Emblem drauf prangt daher kommt. Da wird selbst der Toilettengang zum Event. Das 0,3-Liter Bier gibt´s dort im übrigen für humane 2 Euro!
Auch der Einlass ist wesentlich entspannter als am Vorabend. Ganz normale Drehkreuze und freundliche Ordner sorgen dafür das man schnell und unkompliziert ins innere gelangt. Und der gute Eindruck den das Stadion von außen macht wird auch im Innenraum voll bestätigt.Ein All-Seater mit dem typischen Graben zwischen Rängen und Platzt, an dem man aber erstaunlich nah dran ist.





Zum Einlauf der Teams gibt´s dann noch den "Sparta-Marsch" der von den etwa 5000 Zuschauern auch kräftig mitgesungen wird. Es herrscht insgesamt eine schöne und freundliche Atmosphäre. Die Sparta-Fans stimmen hin und wieder einige Fangesänge an und deuten an, das man bei einem brisanten Spiel aus dem kleinen Schmuckkästchen auch einen Hexenkessel machen könnte. Selbst die ca 50 mitgereisten Fans aus Deventer lassen sich nicht lumpen und melden sich von Zeit zu Zeit zu Wort.
Das Bier im Stadion kostet 3 Euro für 0,4 Liter und darf am Platz verzehrt werden. In Holland keine Selbstverständlichkeit. Auch Rauchen im Innenraum ist erlaubt, wie mir die nette Ordnerin auf Nachfrage erzählt und mir noch mit auf den Weg gibt, das das hier nur eines von insgesamt 3 Stadien in den Niederlanden ist, in denen das nicht verboten ist.
Das Spiel lässt sich wirklich gut ansehen. Nicht der erwartete Rumpelfußball sondern ein flotter Kick, in dem beide Mannschaften bemüht sind, schnell nach vorne zu spielen. Sparta gewinnt es letztlich mit 4:1 und diesmal bleiben wir auch bis zum Abpfiff, weil man sich einfach pudelwohl fühlt. Als Bonbon purzelt man quasi beim Verlassen des Stadions in die Tram, die unmittelbar vor dem Ausgang schon bereit steht und uns in 20 Minuten inklusive kleiner Stadtrundfahrt (u.a. am Hafen entlang) wieder zum Bahnhof bringt.
Fazit: In allen Belangen eine klare 1 mit Sternchen. Das dieser Verein mich nicht zum letzten mal gesehen hat, war mir eigentlich schon nach den ersten Eindrücken klar. Klare Empfehlung an alle Traditionalisten: Hinfahren und Spaß haben!

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