Bökelberg

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Donnerstag, 8. Juni 2017

Was vom Fußball übrig bleibt....



Mit dem Ende der Spielzeit 2016/17 ist es für mich leider überdeutlich geworden. Leider ist nichts mehr so wie es mal war. Der Weg den der Fußball in den letzten Jahren eingeschlagen hat wird über kurz oder lang nicht der Weg ist, den ich noch lange mitgehen möchte. Ich bin wahrscheinlich nicht der einzige der so denkt. Zeit für eine Bilanz. 

Was ist passiert? Eigentlich nichts Überraschendes. Und genau das ist auch das Problem. Dass Borussia viele Höhen und Tiefen hatte in dieser Saison ist hinlänglich bekannt. Das als sportliches Highlight eigentlich nur das Spiel in Florenz hängen bleiben wird, umso trauriger. Man hat es auch im vierten Anlauf im Halbfinale nicht geschafft, den Sprung nach Berlin ins Finale hinzubekommen. Nackenschläge (wenn auch mit viel Pech) gegen Schalke, Derbyniederlage zuhause, Trainerwechsel, Verletzungssorgen, Dahoud-Wechsel, eine zerstrittene Fanszene, als Krönung der FC auf Platz 5 (sportlich sicher verdient, emotional eine Katastrophe). Man hat das Ende der Saison förmlich herbeigesehnt.  Aber selbst wenn Borussia ins Finale von Berlin eingezogen wäre, wieviel Aussicht auf Erfolg hätte man dort gehabt? Denn wenn wir mal ehrlich sind, ist der Finalist doch seit Jahren nur das Beiwerk für Bayern oder Dortmund. Und da fangen die Probleme doch schon an. Schaut man mal wer in den letzten Jahren alles das Finale bestritten hat verwundert es einen kaum, dass dieses eigentlich so tolle Fußballereignis seinen Reiz fast zur Gänze verloren hat. Zuletzt standen sich im Jahr 2011 dort zwei Mannschaften mit Schalke und Duisburg gegenüber, die nicht entweder Bayern oder BVB (oder gar beide) waren. Alleine in den letzten 4(!!!) Finalspielen stand der BVB. Das dieser nur das jüngste gegen Frankfurt gewann lag zum einen daran, dass man 2 Mal den Münchenern unterlag und das andere Mal (auch das wird den neutralen Fan kaum erfreuen) der Geldmaschine aus Wolfsburg. Es entwickelt sich also stetig in die Richtung, das mindestens einer von den Großen (dem DFB wäre sicher am liebsten jedes Jahr das gepushte und gehypte „German Clasico“ *kotz*) plus ein Verein der es irgendwie geschafft hat, sich durchzuwurschteln. Am langen Ende gewinnt eh der Favorit. Das neuerdings noch Birne Helene die Halbzeit als Plattform bekommt (vielleicht demnächst das Pokalfinale in der Pause vom Helene-Konzert ausspielen so wie es die Satireseite „Der Postillion“ meldete), ist zwar von schön ganz weit weg aber ich persönlich gucke mir das Finale schon seit Jahren nicht mal mehr im TV an.  Früher war der Pokal ein Wettbewerb, der es den kleineren Clubs ermöglichte, mal einen Titel zu gewinnen, mal International dabei zu sein auch als unterlegenes Team. Diese Zeiten sind passé. Dazu passt die Aussage von Herrn Grindel, der dem BVB den Sieg wünschte. Wenn schon der Präsident der „Saubermann-Organisation DFB“ solche Aussagen trifft vor einem Pokalendspiel, dann gute Nacht.

In der Bundesliga wird es ja sogar noch schlimmer. Denn auch hier gilt: den fetten Gänsen wird der Arsch geschmiert. 5 Meisterschaften infolge hat der FC Bayern nun gewonnen. Glaubt jemand ernsthaft daran, dass wir in den nächsten 20-30 Jahren einen anderen Meister außer Bayern, Dortmund oder Leipzig (man kommt aus dem kotzen nicht raus) sehen werden? Ich tu es nicht. Selbst beim Abstiegskampf erwartet uns genau das, was jeder befürchtet. Die Relegation ist ein Schutzschild für die „Großen“. Keiner konnte ernsthaft glauben das Wolfsburg den Gang in die 2. Liga antreten wird. Es war ziemlich klar, dass sich der VfL mit diesem Kader einfach in 2 Spielen gegen einen Zweitligisten Braunschweig durchsetzen muss. Zur Not hilft man mit einem mehr als fragwürdigen Elfmeter nach. Dass es in der Relegation eine Etage tiefer Mal einen Club mit 1860 München erwischt hat, der es aus so vielen Gründen (allen Voran wegen Herrn Ismaik) verdient hatte abzusteigen, ist dann fast schon nur noch eine Randnotiz. Aber an diesem Beispiel hat sich deutlich gezeigt, was ein Investor anrichten kann, wenn man sich ihm mit Gedeih und Verderb ausliefert. Ich hoffe, viele Vereine haben ganz genau hingesehen. Trotzdem bin ich auch hier davon überzeugt, dass unsere geliebte 50+1 Regel irgendwann fallen wird.
Gehen wir noch weiter runter, wird das ganze Trauerspiel mit der Relegation auf die Spitze getrieben. Die Aufstiegsspiele zur 3. Liga haben es mal wieder gezeigt. Als Meister der 4. Liga muss man einfach aufsteigen. Aber das ist dem DFB ja zu einfach. Außerdem lassen sich solche Spiele ja auch prima vermarkten. Zum einen hat man ja auch schöne Jubelbilder vom Aufsteiger, zum anderen kann man auf die „unverbesserlichen Idioten“ der unterlegenen Mannschaft schimpfen und sich wieder neue Strafen, Sanktionen oder Gängeleien ausdenken, weil in dem Moment der Entscheidung der Frust aus diesen Leuten herausbricht. Eine ganze Saison ist in diesem Augenblick nämlich für den Arsch. Das rechtfertigt natürlich weder Gewalt noch Sachbeschädigung, ist aber letztlich auch nur das Ergebnis dessen, was mit dieser Aufstiegsregelung kreiert wurde. Natürlich freut es mich, das mit Jena und Meppen zwei Kultclubs wieder im bezahlten Fußball sind. Aber Waldhof hätte es ebenso verdient gehabt. Oder Elversberg, oder Viktoria Köln. Das durch den Nichtausfstieg beider Clubs aus dem Südwesten sowie dem Abstieg von Mainz II und dem FSV Frankfurt in die Regionalliga Südwest der FC Homburg sowie der FK Pirmasens den Gang in die 5. Liga antreten müssen (mit anderen Worten 6 Absteiger aus der Südwest), darüber war in den Medien kein einziges Wort zu lesen. Ist halt Pech und c´est la vie!

Auch bei den großen Fleischtöpfen der Fußballwelt ist das Potential für Überraschungen erschöpft. In der Europa-League hat sich der Megafavorit ManU durchgesetzt. Das in diesem Wettbewerb noch am ehesten mit ein paar kleineren „Sensationen“ zu rechnen ist, bleibt aber dann auch schon die einzige Hoffnung. In der Champions-League kann man diese Hoffnung schon lange begraben.  Bisher ist es noch keinem Team gelungen, den CL-Titel zu verteidigen. Bis jetzt. Auch diese Statistik ist seit diesem Jahr und dem erneuten Triumph von Real Madrid Geschichte. Ich persönlich bin nie ein Freund der Großclubs gewesen. Von daher war die CL bis zu dem Moment an dem Borussia erstmals teilnahm für mich eher eine Veranstaltung der Kategorie „unter ferner liefen“. Aber ich hätte Gigi Buffon den Titel gegönnt, weil ich ihn als fairen Sportsmann und wahre Größe des Fußballs schätze. Stattdessen aber kommt es natürlich wie es immer kommt. Der Lachs aus Funchal mit der Nummer 7 und seine Spießgesellen, die in einem Jahr mehr verdienen als das Bruttoinlandsprodukt von Italien aufweist und für einen Club spielen, der in etwa so viel Schulden wie Uganda hat, stemmen den Henkelpott in die Höhe. Zum dritten Mal in den letzten 4 Jahren. Hui was ein Spaß. Ungefähr so viel Spaß wie ´ne Wurzelbehandlung ohne Betäubung.

Warum kotze ich mich so sehr darüber aus? Eigentlich weiß man doch in welche Richtung das Karussell sich seit Jahren dreht. Natürlich weiß man das. Man sitzt seit Jahren mit einer Dauerkarte mit auf dem Karussell. Aber langsam stellt man sich die Frage wann es an der Zeit ist von diesem Karussell abzusteigen. Das heißt nicht, nie mehr ins Stadion zu gehen. Dafür gehe ich zu gerne ins Stadion. Aber es fiel mir noch nie so leicht wie in dieser Saison, Spiele von Borussia zu verpassen (z.B. in der Zeit in Argentinien). Es gibt so viele Stadien in den unteren Ligen oder im Ausland, die ich noch nicht gesehen habe. Borussia kann ich zwar niemals ganz hinter mir lassen, aber ein Stück weit kann ich das schon. Denn die Entwicklung in den kommenden Jahren wird eher nicht zum positiven sein für den Fan und Stadiongänger. Im nächsten Jahr kommen Montagsspiele dazu. Zunächst nur 5 in der ganzen Saison. Aber das wird nicht das Ende der Fahnenstange sein. Vielleicht sind es im Jahr darauf schon 10. Und was kommt dann? Ich will nicht an einem Montag ins Stadion gehen zu einem Bundesligaspiel. Schon gar nicht Auswärts in Augsburg oder zu Spielen mit ähnlich weiter Anreise. Ich will mir nicht mal ein Heimspiel auf ´nem Montag ansehen. Ich möchte am Wochenende ins Stadion gehen. Ich möchte mein Bier und meine Bratwurst genießen. Am besten mit dem Nahverkehr anreisen. Ich möchte Spaß haben im Stadion. Geht das noch ab Liga 2 aufwärts? Wahrscheinlich nicht immer und in den kommenden Jahren immer weniger. Wenn es nur darum geht, Fußball zu gucken gibt es genug Alternativen. Dann wäre es vielleicht eine Überlegung wert, öfter mal Spiele von Rot-Weiß Essen, Wattenscheid, Oberhausen oder dem Bonner SC (oder welchem unterklassigen Club auch immer) zu besuchen. Sich frei zu machen von dem ganz großen Fußball. Zurück zur Basis zu gehen. Hin und wieder mal ein Wochenende im Ausland zu verbringen und da das eine oder andere Spiel zu verfolgen. Das kann zumindest ein Weg sein, sich den Fußball ein Stück weit wieder zurück zu holen.

Freitag, 19. Mai 2017

Fußball, Bier und Steaks! 2 Wochen unterwegs in Buenos Aires - Teil 3

19.04.17: Racincg Club vs C.A. Tigre 4:1

Nach einer Woche in Buenos Aires der erste Tag mit schlechtem Wetter. Frische Temperaturen um die 14 Grad und immer wieder mal Regenschauer oder Nieselregen. An so einem Tag kann man es mal etwas ruhiger angehen lassen. Lange schlafen, spät frühstücken, ein wenig durch die Läden in der Stadt tingeln und ein paar Mitbringsel besorgen. Das war so in etwa das Program bis zum Nachmittag als es dann wieder mit dem Bus raus nach Avellaneda zum Zweidrittel-Spiel von Racing ging. Die Partie musste eine Woche zuvor wegen sintflutartiger Regenfälle und einem komplett unter Wasser stehenden Spielfeld in der 24. Minute beim Stand von 1:1 abgebrochen werden. Bei der Weiterführung wurden nun 2 mal 33 Minuten gespielt und beim Spielstand von eben 1:1 wieder begonnen.Trotzdem war es für mich persönlich das Highlight der Tour, sowohl sportlich als auch stimmungsmäßig. Das Estadio Presidente Perón (oder auch "El Cilindro) ist ein kreisrundes Bauwerk, das wie eine überdimensionale Stierkampfaren wirkt. Architektonisch schon mal herausragend wie ich finde. Hinzu kommt das Racing mit der "La Guardia Imperial" über eine der größten und ältesten (2018 gibt es sie seit 60 Jahren) Barra des Landes verfügt. Das ist manchmal sowohl Fluch als auch Segen, herrscht dort mitunter doch ein ziemlich großes Gewaltpotential. Ein paar Tage nach diesem Spiel wurden bei einer Razzia durch die Polizei vor dem Racing-Heimspiel gegen Tucuman Unmengen von Waffen (Schuss- und Stichwaffen) aus dem Besitz von Mitgliedern der "Guardia Imperial" beschlagnahmt.
Das die Jungs aber auch Stimmung können stellten sie schon vor dem Anpfiff und während der gesamten Spieldauer unter Beweis. Dafür das nur knapp 20.000 Zuschauer (ca 60.000 passen rein) anwesend waren, ging es mit der Lautstärke vor allem bei den Toren schon ziemlich weit rauf. Nicht auszudenken was das hier für ein Hexenkessel sein muss, wenn die Bude voll ist. Und das Racing-Fans auch irgendwie einen an der Waffel haben (und das meine ich durchaus positiv) konnte man an dem Typen gut feststellen, der am Rand der Kurve stehend mit seiner Beinprothese in der Hand ständig wie wild die Mannschaft anfeuerte und nach vorne trieb.




20.04.2017: Ausflug nach Uruguay, Colonia del Sacramento

Eigentlich hatten wir ja geplant in dem kleinen Nachbarland Argentiniens auch ein Spiel zu besuchen. Dieses Unterfangen konnten wir leider nicht umsetzen. Das lag an verschiedenen Dingen. Die größte Hürde stellte dabei der Kauf der Eintrittskarten dar. Seit dem Beginn des Jahres ist es Fußballclubs in Uruguay gesetzlich untersagt, Tickets am Spieltag und auch online zu verkaufen. Der Verkauf von Tickets geht nur über "Redpago"- Verkaufstellen bis einen Tag vor dem Spiel und die Karten sind personalisiert. Eine entsprechende Anfrage bei Penarol Montevideo bestätigte dies leider. Somit hätten wir einen Tag vor dem Spiel anreisen müssen und erst einen Tag nach dem Spiel wieder zurück gekonnt. Das wären zwei verlorene Tage in Buenos Aires gewesen. Das zweite Problem war die Fähre nach Montevideo, die bei einer Buchung vor Ort mit 200 Euro ein ziemliches Loch in die Reisekasse gerissen hätte. Schweren Herzens mussten wir den Plan von einem weiteren Länderpunkt an der Stelle beerdigen. Trotzdem wollten wir Uruguay zumindest in Form einer Tagestour einen Besuch abstatten und so setzten wir mit der Fähre (Fahrtzeit ca 1 Std) nach Colonia del Sacramento über. Die Kleinstadt am Rio de la Plata zählt etwa 26.000 Einwohner und ist durch die historische Altstadt mit vielen alten im Originalzustand erhaltenen Gebäuden (Stadttor, Reste der Stadtmauer, historische Wohnhäuser, Leuchtturm etc) äußerst sehenswert und gehört seit 1995 zum UNESCO Weltkulturerbe. Darüber hinaus ist es im Vergleich zu Buenos Aires eine Oase der Ruhe. Man kann in einem der Restaurants an der Promenade einfach nur sitzen, was trinken oder eine Kleinigkeit essen (traditionell "Rabbas", ein Tintenfisch-Gericht) und die Seele baumeln lassen.
Am Rand der Altstadt ist das Stadion zu finden. Der ortsansässige Club Plaza Colonia ist der einzige Erstligist Uruguays, der nicht in der Hauptstadt Montevideo beheimatet ist. Der Ground fasst 12.000 Zuschauer, aber wenn man sich das Teil ansieht (was problemlos möglich ist) kann man sich nur schwer vorstellen das dort Erstliga-Fußball gespielt wird.





Zurück in Buenos Aires gab es mal wieder ein leckeres Steak zum Abschluss dieses schönen Tages und es schmeckte gleich doppelt so gut, weil wir im Restaurant live am TV die Verlängerung des Rückspiels von Schalke gegen Ajax verfolgen konnten. Das Ausscheiden gegen die Königsblauen tat immer noch weh aber das Ergebnis dieses Spiels war Balsam auf die Seele. Da konnten wir allerdings auch noch nicht wissen, wie die nächsten 2 Spiele unserer Borussia ausgehen würden.

21.04.17: San Lorenzo vs Temperley 0:1

Am heutigen Freitag wollten wir nachdem wir am Tag zuvor bei der Rückkehr aus Uruguay schon mal einen kurzen Blick auf den Yachthafen "Puerto Madero" werfen konnten, diesen heute etwas mehr unter die Lupe nehmen. Offensichtlich wurde dort in den letzten Jahren viel umgebaut und erneuert. Die alten Ladekräne die dort in regelmäßigen Abständen stehen lassen vermuten, das hier früher mal ein Teil des Containerhafens gewesen sein muss. Heute ist der Puerto Madero eine Flaniermeile mit Restaurants, Kneipen, Bars und Eisdielen. Rundherum ist das Bankenviertel mit einigen Wolkenkratzern angesiedelt. Geht man ein Stück weiter Richtung Flußufer, gelangt man auf eine Promenade, auf der sich eine Vielzahl von kleinen Imbissbuden aneinander reiht. Diese sind um die Mittagszeit sehr gut besucht. Offensichtlich verbringen hier die Leute ihre Mittagspause. Egal ob Banker, Sekretärin, Hafenarbeiter, hier scheint sich alles zu treffen. Und wo viele Leute essen gehen, ist es in der Regel auch gut. Deshalb beschlossen wir ebenfalls einen Snack zu uns zu nehmen.
Ich entschied mich für ein "Churasco Comleto". Ein Baguette mit Fleisch vom Grill, Käse, Schinken und Spiegelei. Ich hätte dieses Monstrum sogar noch weiter belegen können mit Tomaten, Zwiebeln, Salat, verschiedenen Soßen usw (ohne Aufpreis), aber es sah so schon lecker genug aus. Und genau so hat es auch geschmeckt. Der Preis von ca 3.50 Euro ist keinesfalls übertrieben sondern stellt ein gutes Preis/Leistungsverhätnis dar. Es war so gut, das ich zwei Tage später nochmal da hin musste.


Der sportliche Teil folgte dann am Abend mit der Begegnung von San Lorenzo gegen Temperley. Anstoß 21.15 Uhr Ortszeit und das in einem Stadteil (Flores), für den die  Bezeichnung "Sozialer Brennpunkt" eigentlich nicht ausreicht. Im Vorfeld war also schon klar, das wir mit nur mit dem Taxi hin und wieder zurück fahren. Einfacher Plan, nicht ganz so einfache Umsetzung. Erst der 6. (!!!) Taxifahrer wollte uns dort hin bringen. Wer sich ein wenig mit der Geschichte und insbesondere mit der Stadionproblematik von San Lorenzo auskennt, der wird wissen das der Club eigentlich im Stadtteil Boedo beheimatet ist, wo auch bis zum Jahr 1979 das Stadion (El Gasometro) stand, bis es an die Militärregierung verkauft und geschlossen wurde. Heute steht auf dem Gelände ein Supermarkt. Daneben existiert allerdings bis heute das Vereinsheim des Clubs. Dort fuhren wir mit dem Taxi auch vorbei. Erst 1993 bekam San Lorenzo wieder ein eigenes Stadion (Estadio Pedro Bidegain / Nuevo Gasometro). Allerdings nicht in seinem Heimatgebiet sondern eben im besagten Flores. Ein Slum mit sehr hoher Kriminalitätsrate. Dementsprechend hatte ich auch ein etwas mulmiges Gefühl, da wir Karten für die Haupttribüne hatten und somit einmal um das Stadion herum laufen mussten. Neben dem Ground steht zudem noch eine Müllverbrennungsanlage, die ein exquisites Buquet verströmt. Rund um die Spielstätte war allerdings alle paar Meter die Polizei postiert, so das ich ein wenig mehr das Gefühl von Sicherheit bekam.
Das Stadion selbst ist ein eher unschöner Betonklotz. Drei freistehende, auf Betonpfeiler gestützte Tribünen plus eine überdachte Hauttribüne versprühen keinen wirklichen Charme. Ich hatte hohe Erwartungen an die Stimmung hier, doch auch die wurden nicht erfüllt. Es mag natürlich sein das eine fehlende Dachkonstruktion und die ziemliche Weitläufigkeit des Grounds vieles absorbiert von dem, was da an Gesängen aus der Kurve kam, des Spielverlauf trug aber sicherlich auch seinen Teil dazu bei. Ein äußerst unansehnlicher Kick, der durch einen Katastrophenbock des Torhüters von San Lorenzo zugunsten der Gäste aus Temperley entschieden wurde. Ich hätte hier gerne das Derby gegen Huracan gesehen. Wenn man sich einige Videos auf Youtube anschaut, dann kann man sehen und hören zu was man stimmungstechnisch hier in der Lage ist.
Die Rückfahrt klappte allerdings zu meinem Erstaunen ohne Probleme. Nachdem wir das Stadion abermals umrundet hatten, konnte ziemlich fix ein Taxi ergattert werden (im übrigen mit einem der lustigsten Taxifahrer die wir hatten, der sich köstlich über einige deutsche Worte wie z.B. "Schlauch" amüsierte), welches uns direkt bis vor die Tür unserer Unterkunft fuhr. Im Restaurant nebenan versorgten wir uns noch schnell mit ein paar Empanadas (gefüllte Teigtaschen) und das wars dann auch für heute.




22.04.17: Vélez Sársfield vs Unión dem Santa Fe 2:1

Der Samstag gehörte erst einmal Borussia. Das Spiel gegen meine "speziellen Freunde" in Schwarz-gelb startete für uns um 13.30 Uhr Ortszeit und wurde live von Fox Sports übertragen. Das war die gute Nachricht. Soweit die guten Nachrichten. Nach dem Spielverlauf habe ich mir fast gewünscht, sie hätten es nicht gezeigt. Gegen diesen Gegner zu verlieren ist selbst in 13.000 Kilometern Entfernung unerträglich. Der einzige Vorteil daran ist, es läuft dir keiner mit nem schwarz-gelben Schal vor der Nase rum. Meine Stimmung war jedenfalls erstmal im Keller. So weit, so schlecht. Aber es stand ja noch was anderes auf dem Programm heute.

Wenn man den Namen Vélez Sarsfield hört und sich ein wenig auskennt, dann kommt einem auch gleich ein anderer Name in den Sinn, der für diesen Club und seine Erfolge steht wie kein zweiter:
José Luis Chilavert!
Der ehemalige Nationaltorhüter Paraguays war wohl jemand, den man als total Verrückten (im positiven Sinne) bezeichnen kann. Er beschränkte sich nicht nur auf das Verhindern von Toren sondern trat auch häufig gefährliche Freistöße. Mit über 60 Toren für seine Clubs ist er einer der torgefährlichsten Torhüter überhaupt. Alleine für Vélez erzielte er in 278 Spielen 24 Tore. Ausserdem gewann er mit diesem Club so ziemlich alles, was man gewinnen kann. Er war von 1991 bis 2000 (und nochmals 2004/2005 kurzzeitig) hier aktiv. In dieser Zeit errang das Team 4 mal die Meisterschaft (´93, ´95, ´96, ´98), die Copa Libertadores (´94), den Weltpokal (´94), Copa Interamericana (´96), Supercopa Sudamericana (´96) sowie die Recopa Sudamericana (´97). Darüber hinaus war er 3 mal Welttorhüter und jeweils einmal Südamerikas und Argentiniens Fußballer des Jahres. Mehr geht nicht. Deshalb hatte ich auch schon sehr früh in meinem Fanleben Sympathien für diesen Verein entwickelt und wollte unbeding mal ein Spiel von ihnen live vor Ort miterleben.
Das Estadio José Almafitani ist eines von 2 Stadien in Buenos Aires, wo Spiele der Fußball-WM 1978 ausgetragen wurden. Es erinnert in seiner Bauweise ein wenig an den alten Bökelberg. Alleine schon die grandiosen Flutlichtmasten treiben einem die Freudentränen in die Augen. Es war auch das einzige Spiel der Tour, wo wir uns Karten für die Stehplatzkurve der Heimseite besorgt hatten. Vélez hat eine sehr gemäßigte Szene und wenn man sich nicht direkt in die Mitte stellt sondern an den Rand ist das auch überhaupt kein Problem.
Die Stimmung war für die geringe Zuschauerzahl gar nicht mal so übel. Und sie erreichte ihren Höhepunkt als Vélez quasi mit dem Schlusspfiff das Siegtor erzielte. Da gab die Kurve dann noch mal alles. Alles in allem eine gute Ablenkung von dem, was Borussia mal wieder fabriziert hatte.




23.04.2017: River Plate vs Sarmiento 1:1

River Plate, der zweite Versuch. Nachdem wir beim ersten Mal mit den gefälschten Karten einen gebrauchten Tag erwischt hatten, bat ich Marcelo ob er sich vielleicht mal umhören könnte wegen Tickets. Da er als Journalist viele Kontakte hat, hielt ich das für vielversprechend. Mein Gefühl sollte mich nicht täuschen. Marcelo setzte wirklich alle Hebel in Bewegung und organisierte uns über einen Offiziellen von River mit dem er ein Interview machen sollte 3 Karten für das Spiel zum Preis von 750 Peso das Stück. Auch ist es Marcelo zu verdanken das es nicht noch teurer wurde. Der Funktionär wollte nämlich noch mehr haben als die vorher ausgemachte Summe. Marcelo bestand allerdings vehement darauf den vorher ausgemachten Preis (der im übrigen schon dreimal so hoch war wie der Originalpreis von 250 Peso pro Ticket) einzuhalten. Eigentlich kann man sich bei ihm garnicht oft genug bedanken dafür, was er in den 2 Wochen gemacht hat für uns.
Wie auch immer, diese Karten ließen uns nicht an der dritten und vierten Kontrolle scheitern sondern verschafften uns Einlass ins Estadio Monumental. Das Paar, das für das Boca-Spiel schon einmal richtig tief in die Tasche gegriffen hatte, war übrigens auch bei diesem Spiel. Sie hatten die Tickets über die gleiche Agentur wie bei Boca gebucht und dafür satte 221 US-Dollar pro Nase berappen müssen. Nochmal: ich verurteile das nicht. Es muss jeder selbst wissen, was es einem wert ist. Ich für meinen Teil hätte wie bei Boca auch niemals soviel Geld in die Hand genommen nur für ein einziges Spiel.
Bei diesem Kick war das Stadion auch relativ gut gefüllt. Es mögen so um die 50.000 Zuschauer gewesen sein. Die Stimmung war in ordnung aber aufgrund des unattraktiven Gegners fehlte so ein wenig die letzte Konsequenz beim Support. Richtig laut wurde es als River in Führung ging, richtig leise als der Ausgleich kurz vor Schluss fiel. Über das sportliche Niveau dieser Begegnung decke ich mal den Mantel des Schweigens. Trotzdem war es ein wirklich sehr gelungener Abend an dem das Stadion eindeutig der Star war. Schließlich wurde hier Argentinien 1978 erstmals Fußball-Weltmeister.





24.04.17: C.A. All Boys vs Los Andes 0:1 (Primera B / 2. Liga)

Das letzte Spiel unserer Reise und der letzte Abend mit Marcelo, der uns freundlicherweise wieder mal mit dem Auto mitnahm und auch wieder zurück fuhr. Wir erreichten das Estadio Islas Malvinas ca 1 1/2 Std vor dem Anpfiff. So blieb uns noch Zeit in Ruhe gemeinsam mit Marcelo etwas zusammen zu sitzen und ein Bierchen zu trinken in einer kleinen kioskähnlichen Spilunke gegenüber vom Stadion. All Boys ist der Stammverein von Carlos Tevez und daher hingen hier an der Wand auch entprechend viele Bilder von ihm als Jugendspieler. Auch bei den All Boys kannte Marcelo natürlich wieder Gott und die Welt und so bot uns ein Offizieller an, das er mit uns eine kleine private Stadionführung machen würde. Das nahmen wir natürlich gerne an und ehe wir uns versahen waren wir erst in den Katakomben, dann im Spielertunnel und von dort mitten auf dem Spielfeld. Wir konnten in Ruhe Fotos machen, uns auf die Trainerbank setzen usw. Danach führte er uns weiter unter anderem in den Presseraum und schlussendlich sogar in die Umkleidekabine der Heimmannschaft, die sich gerade für das Spiel umzog. Und als Krönung obendrauf bekamen wir jeder noch ein T-Shirt geschenkt. Das war unerwartet und faszinierend gleichermaßen. Muchas Gracias!
Ach ja Fußball wurde auch noch gespielt. Sofern man das was da auf dem Platz stattfand wirklich Fußball nennen möchte. Es war eines der schlechtesten Spiele die ich in meinem ganzen Leben gesehen habe. Ein Gekrampfe und Gewürge von beiden Teams bei dem Los Andes es aber irgendwie schaffte, den Ball ins Tor zu befördern. Dafür gaben die Fans der All Boys allerdings ihr bestes. Ein guter Support über die gesamte Spieldauer. Wenn ihre Mannschaft nur annähernd so gespielt hätte, wie die Jungs sie angefeuert haben.....
Somit stand nach dem Ende des Spiels folgende Bilanz auf unserem Zettel:
-11 Spiele insgesamt
-1 x 4. Liga
-1 x 3. Liga
-1 x 2. Liga
-7 x 1. Liga
-1 x Copa Libertadores






25.04.17: vorletzter Tag, Tag des DFB-Pokal Halbfinales

Es regnete wie aus Kannen. Das Wetter war wohl schon ein Vorbote dessen, was später noch folgen sollte. Die letzten Einkäufe wurden erledigt. Ein paar Dosen Quilmes für Zuhause, ein Glas von dem ultrasüßen "Dulce de Lecce" aus dem Supermarkt, noch ein Shirt im Racing-Fanshop. Zeitvertreib bis zum Anstoß also. Ich habe traditionell immer ein mieses Gefühl bei solchen Spielen. 3 mal vorher bereits im Halbfinale rausgeflogen, 3 mal um die Reise nach Berlin zum Finale gebracht worden. Zugegeben 2 mal davon verpfiffen worden (Union und Aachen), zweimal in der Elferlotterie gescheitert (Union und Bayern). Und das Spiel wurde leider auch nicht live im TV gezeigt. Also musste ein wackeliger Livestream auf dem Handy ausreichen. Beim Elfmeterschießen waren wir via Handy per Facetime mit einem Kollegen in Deutschland "live" dabei und es kam natürlich wie es kommen musste. Zum 4. Mal den Finaleinzug verpasst. Und natürlich macht Hrgota den entscheidenden Elfer rein. Passte mal wieder alles zusammen. So hatte ich mir den Abschluss unseres Trips nicht vorgestellt. Es ist schwer, die Enttäuschung in Worte zu fassen. Es waren einfach zu viele emotionale Tiefpunkte in dieser Saison. Auch der anschließende Frust-Burger im Hard Rock Cafe konnte mich da nicht wirklich aufheitern. Das war ein Schlag in die Magengrube. Jetzt hieß es nur noch Koffer packen und ab nach Hause.

26.04.17: Abreise

Abreisetage sind mit Verlaub gesagt immer scheiße. Und erst recht mit dem Ergebnis des Spiels vom Vortag im Hinterkopf ist man nicht gerade motiviert, sich 11 Stunden in einen Flieger zu setzen. Aber es hilft ja nichts. Hinzu kam das der Flug bis auf den letzten Platz ausgebucht war und ich (obwohl ich es bereits 4 Tage vorher versucht hatte) keinen Platz mit mehr Beinfreiheit bekam. Bei einer Körperlänge von 2 Metern kann sich jeder vorstellen, das der Flug nach Madrid kein Genuss wurde. Zumal neben mir auch noch eine Frau mittleren Alters saß, die sich nicht verpflichtet fühlte mal aufzustehen wenn ich meinen Platz verlassen wollte um z.B. zur Toilette zu gehen. Das hieß, ich musste immer irgendwie über sie drüber klettern (und nein das hört sich nicht so toll an wie es war) wenn ich mal aufstehen wollte/musste. Dementsprechend "gut gelaunt" landeten wir um 6 Uhr Ortszeit pünktlich auf die Minute in Madrid, ohne das ich aufgrund des fehlenden Platzes auch nur eine Minute geschlafen hatte. Nach ca 2 Std Aufenthalt in Madrid ging es dann weiter nach Düsseldorf wo wir ebenfalls überpünktlich bei strömerndem Regen landeten. Nach dieser Rückreise war ich auch wirklich durch und fühlte mich wie durch die Mangel gedreht. Aber trotzdem war es das alles wert. Es waren 2 intensive, aufregende Wochen mit Eindrücken und Erfahrungen die ich für nichts in der Welt eintauschen würde. Und ich kann für mich sagen, es war nicht der letzte Besuch in Südamerika im allgemeinen und Argentinien im speziellen.

Montag, 8. Mai 2017

Fußball, Bier und Steaks! 2 Wochen unterwegs in Buenos Aires - Teil 2

15.04.17: CA Independiente vs Atletico de Rafaela 1:1

Wenn man im Nicht-EU-Ausland unterwegs ist stellt sich immer früher oder später die Frage wie man an Geld, also Landeswährung, kommt. Auch in Buenos Aires hat man mehrere Möglichkeiten. Natürlich ist es mäöglich mit seiner Kreditkarte in sämtlichen Shops oder Restaurants problemlos zu bezahlen. Aber auch Bargeld ist von Nöten. Mit besagter Karte kann man zwar an jedem Geldautomaten Peso abheben, hierbei gibt es aber ein paar unangenehme Stolpersteine. Zum einen ist die Abhebung auf 2.000 Peso pro Tag limitiert, zum anderen sind die Vorräume vieler Banken nicht gerade vertrauenserweckend. Das liegt daran das selbige häufig von vielen Obdachlosen als Schlafplatz (auch tagsüber) genutzt werden. Ich will niemandem unterstellen das jeder Obdachlose in Buenos Aires auch ein potentieller Räuber ist, aber wohl würde ich mich dabei trotzdem nicht fühlen. Außerdem ist es einem Freund schon passiert, das er Falschgeld aus dem Automaten bekommen hat.
Eine weitere Option bietet der Tausch von Bargeld (Euro, US-Dollar, Real) bei den "fliegenden Händlern" auf der Haupteinkaufsmeile "Florida". Was sich im ersten Moment vielleicht unseriös und abschreckend anhört ist aber in der Tat ein sehr unkomplizierter Vorgang. Man sollte nicht den erstbesten nehmen sondern die Straße ruhig ein bis zweimal ablaufen. Dann sucht man sich denjenigen aus, der einem am sympathischsten ist. Wir hatten uns für einen sehr gepflegt aussehenden jungen Mann entschieden, der vor einer Shopping-Mall stand und (wie alle anderen auch immer wieder sein typisches "Cambio, Cambio, Cambio, Change, Change, Change") uns in sein Büro in einer kleinen Boutique innerhalb der Mall geleitete. Dort tauschten wir zu einem sehr guten Wechselkurs ( 1 Euro zu 16,5 Peso). Zu ihm sind wir auch jedes mal gegangen um zu wechseln und hatten nie Probleme.

Mit frischem Baren in der Tasche wollten wir nun zum Plaza de Mayo. Einem großen zentralen Platz um uns die Kathedrale (Catedral Metropolitana Santísima Trinidad de Buenos Aires) und die Casa Rosada ("Rosa Haus", Sitz des amtierenden Präsidenten Argentiniens) anzusehen.
Die Kathedrale wirkt von außen eher unscheinbar. Fast gar nicht wie eine Kirche und ist im Vergleich zu anderen bekannten Gotteshäusern auch recht klein ausgefallen. Sie war jedoch der Sitz des Erzbischofs Jorge Mario Bergoglio, seit dem 13.03.2013 den meisten wohl besser bekannt als Papst Franziskus.
Die Casa Rosada ist wie bereits erwähnt der Sitz des argentinischen Präsidenten und wird zu represäntativen Zwecken genutzt. Wenn unter der großen Flagge Argeniniens noch zusatzlich eine kleine Flagge direkt darunter aufgezogen wird, bedeutet dies das der Präsident in seinem Amtssitz anwesend ist. Wie man auf dem Bild unschwer erkennen kann, ist die gerade nicht der Fall. Unverswchämtheit. Da kommt man extra aus Deutschland vorbei und dann weiß er es nicht mal zu würdigen. Schämen sie sich, Herr Mauricio Macri!

Nach soviel Kultur dürstete es nach einem Quilmes und einer Möglichkeit das Spiel von Borussia in Sinsheim zu verfolgen. Wenn auch nur per Liveticker. Das argentinische Fernsehen zeigt zwar 3 Bundesligaspiele pro Wochenende im Free-TV (2 Samstagspiele und 1 Sonntagspiel), unser Kick gegen Plastikhausen war allerdings nicht dabei. Also blieb nur der Kicker-Liveticker. Zugang zum Internet über WiFi bekommt man eigentlich problemlos in jeder Bar oder jedem Restaurant. Einfach nett fragen dann ist man schon so gut wie drin. Ausserdem gibt es kostenlos WLAN in allen U-Bahn-Stationen. So spart man sich teure Nutzung von mobilen Daten. Kurz und gut: das Quilmes wusste mal wieder zu überzeugen, das Ergebnis von Borussia nicht. 5:3 hieß es am Ende für die geballte Tradition aus dem Kraichgau. Nun ja, es gibt schönere Starts in einen Samstag.

Deshalb hakten wir das Thema auch schnell ab und fuhren vom Obelisken aus mit dem Bus (Collectivo) raus nach Avellaneda zum Stadion von Independiente, dem Estadio Libertadores de America(auch Doble Visera genannt). Die Lage des Grounds ist schon bemerkenswert, liegt es doch lediglich 250 entfernt vom Stadion des großen Rivalen Racing. Nirgendwo auf der Welt stehen zwei Stadien von dieser Größe so nah beieinander wie hier. Ziemlich beeindruckend.

Independiente (von den Fans "Diablos Rojas" genannt) ist national der dritterfolgreichste Verein Argentiniens nach River Plate und Boca Juniors mit 14 Meistertiteln und der erfolgreichste Club der Copa Libertadores, der südamreikanischen Championsleague. Diesen Titel konnte man insgesamt 7 mal erringen, davon in den 70er Jahren gleich viermal in Folge und zuletzt im Jahre 1984. Das es in den Jahren 1972 bis 1975 gleich viermal zum Titel gerreicht hat ist aber auch der Tatsache geschuldet, das damals der Titelverteidiger erst im Halbfinale ins Turnier einstieg.
Heute blieb es vor gut 28.000 Zuschauern allerdings auf übersichtlichem Niveau. Einen Sieger hatte dieses Spiel gegen Rafaela auch wirklich nicht verdient.




Ausklingen lassen wollten wir den Abend dann mit einem genmeinsamen Abendessen in Form von Pizza. Die Argentinier sind allen ernstes vollkommen davon überzeugt, die beste Pizza der Welt zu machen. In der Nähe der Obelisken steuerten wir auf das (auf Empfehlung) mutmaßlich beste Haus am Platze, dem "Güerrin", zu. Wenn man danach geht wie gut oder schlecht ein Laden besucht ist um auf die Qualität Rückschlüsse zu ziehen, dann musste es hier in der Tat die beste Pizza des Universums geben. Ein derart volles Restaurant habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Im Eingangsbereich stapelten sich die Leute quasi und warteten auf ihre Pizza zum mitnehmen. In dem Rest der Lokalität die sich über 2 1/2 Etagen erstreckt, sah es nicht besser aus. Wir hatten wirklich glück beinahe sofort einen Tisch zu bekommen. Nach uns standen die Menschen Schlange und warteten darauf, einen Platz zu ergattern.
Was die Pizza selbst angeht, so kann ich vorweg nehmen sie ist keinesfalls die beste der Welt. Sie war geschmacklich in ordnung aber die Argentinier stehen offensichtlich auf Pizzen mit reichlich Käse. Viel Käse. Sehr viel Käse. Also übertriebene Mengen von Käse. Die Pizza bestand quasi nur aus Käse, etwas Belag darunter und dem Teig der nicht mal halb so dick war wie die Schicht Käse. Selbst wenn man so wie ich dieses Molkereiprodukt sehr zu schätzen weiß, so ist man bei dem Genuss dieser Pizza nach 2 Stücken laktoseintolerant. Und das ist keine Untertreibung. Nach dem Abend hatte ich erstmal genug von Pizza für die nächsten 2 Wochen.


16.04.17: Quilmes A.C. vs Colon de Santa Fe 0:1

Am Sonntag stand ein Ausflug in den als Touristenmagneten bekannten Stadteil "La Boca" mit seinen bunten Häusern an. Mitten in diesem Stadteil ragt das Stadion der Boca Juniors, die legendäre "La Bombonera" auf. Trotz der frühen Tageszeit war schon einuges los hier da Boca an diesem Tag auch sein Heimspiel gegen Patronato bestritt. Sicher wäre es schön gewesen, in diesem Stadion ein Spiel zu sehen aber an eine Karte zu kommen war selbst gegen diesen eher unattraktiven Gegner ziemlich aussichtslos. Ein befreundetes deutsches Päärschen hatte für diese Partie über eine Agentur im Internet Karten für diese Spiel gekauft inklusive Transfer und Begleitung durch einen Guide während des Spiels. Also so eine Art "betreutes Fußball gucken". Da kann jeder seine eigene Meinung zu haben, aber mir perönlich widerstrebt es den Machenschaften solcher Agenturen oder Plattformen wie Viagogo den nötigen Nährboden zu liefern und für Wucherpreise (in diesem konkreten Fall 200 Euro pro Person) zu zahlen für ein Fußballspiel. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden. Also gab es einen kleinen Streifzug durch die bunten Häusergassen von La Boca und als sportliches Alternativprogramm das Heimspiel von Quilmes gegen Colon de Santa Fe. Vor der Fahrt nach Quilmes kehrten wir aber noch mal in ein Restaurant ein wo wir uns einen Grillteller teilten. Von Steak über Hähnchen war eigentlich alles dabei was dazu gehört. Allerdings auch gegrillte Rinderhoden. Ich hab sie auch probiert. Wer sich jetzt fragt wie das schmeckt dem sei gesagt: sie schmecken scheiße!






Die Stadt Quilmes liegt etwas ausserhalb von Buenos Aires was eine Fahrt von ca 1 Std mit dem Linienbus bedeutete. Das die Stadt so heißt wie das Bier ist natürlich kein Zufall, denn es wird eben dort gebraut und war auch lange Hauptsponsor des Clubs. Die Fans nennen sich auch selbst "Cerveceros" und sind durchaus stolz auf das Produkt ihrer Stadt. Das Estadio Centenario wurde erst im Jahre 1995 erbaut und fasst 33.000 Zuschauer. Lange hatte der Verein keine eigene Spielstätte. Der größte Erfolg des Clubs liegt schon einige Jahre zurück. 1978 konnte man die Meisterschaft gewinnen und man hatte damals mit Omar "Indio" Gomez den wohl besten Spieler der Clubgeschichte in seinen Reihen. Ihm zu Ehren hat sich die Barra Brava von Quilmes auch "Indios Kilmes" (nein das "K" ist kein Rechtschreibfehler) benannt. Vom Glanz vergangener Tage ist man heute leider weit weg. Man dümpelt am Tabellenende herum und kommt beim Spiel gegen Colon de Santa Fe (das Trotz der Freundschaft beider Fanlager auch heute ohne Gästefans stattfinden muss) zu keiner einzigen nennenswerten Torchance. Am Ende heißt es 0:1. Die Stimmung auf der Heimseite wusste allerdings zu gefallen. Was auch zu gefallen wusste, war das Baguette mit frischem Fleich vom Grill auf dem Weg zum Stadion. Sogar die Polizei hat sich dort mit Essen versorgt. Immer ein gutes Zeichen wenn selbst die dort einkaufen. Wer übrigens mehr über den Quilmes A.C. erfahren möchte, dem lege ich die ca 30 minütige Dokumentation "Die Bierbrauer von Quilmes" (bei Youtube) ans Herz.






17.04.17: Ausflug zum Tigre-Delta


Am Ostermontag standen wir vor der Entscheidung unsn die Zeit in der Stadt zu vertreiben und abends zum Spiel von Temperley vs Rosario Central zu fahren oder einen fußballfreien Tag in der Natur zu verbringen. Wir entschieden uns für die zweite Option und machten uns zu fünft auf mit dem Zug entlang des Rio de la Plata zum Tigre-Delta um dort eine Bootstour zu unternehmen.
Der Fluß Paraná bildet hier ein Delta mit vielen kleinen Flüssen, Bächen und Kanälen. Ein tolles Naturschauspiel das mehr als sehenswert ist. An den Ufern der vielen Wassertstraßen wohnen auch tatsächlich Menschen. Diese werden über ein Versorgungsschiff das mehrmals die Woche verkehrt  mit Lebensmitteln und Getränken beliefert. Also ein schwimmender Supermarkt sozusagen. Am Hafen gibt es mehrere Optionen eine Tour durch das Delta zu chartern. Es gibt ca 1 stündige Standardtouren zu einem sehr fairen Preis, aber auch individuelle Touren die zwar etwas teurer sind aber dafür hat man das Boot (natürlich mit Fahrer) für sich alleine. Wir einigten uns auf letzteres und waren ca 2 Std unterwegs. Das war einerseits sehr entspannend weil man aus der Hektik der Großstadt einmal raus war und die Ruhe genießen konnte, zum anderen hatte das natürlich auch landschaftlich einiges zu bieten. Jedem der mal in Buenos Aires ist, dem kann ich diesen Trip ins Tigre-Delta nur wärmstens empfehlen.





18.04.17: Lanús vs FC Zulia 5:0 (Copa Libertadores)

Am heutigen Tag standen zwei Begegnungen mit Borussias Geschichte auf dem Terminplan. Der Vormittag stand im Zeichen der Stadionführung durch die legendäre "La Bombonera" (offiziell Estadio Alberto Jacinto Armando). Da mir der Besuch des Spiels gegen Patronato keine 200 Euro wert war, bietet die Tour durchs Vereinsmuseum mit anschließender Stadionführung für umgerechnet 12 Euro eine gute Alternative. Und im Museum liegt er dann auch gut sichtbar in der Vitrine: der Borussia-Wimpel vom Finale um den Weltpokal. Durch den Verzicht des FC Liverpool an der Teilnahme rückte die Borussia als zweitplatziertes Team (1:3 Finalniederlage Europapokal der Landesmeister 1977) nach und spielte 1978 das Finale des Weltpokals gegen die Boca Juniors. Im Hinspiel gelang der Borussia am 21. März 1978 auswärts ein 2:2 (Torschützen Wilfried Hannes und Rainer Bonhof), im Rückspiel unterlag man jedoch am 01. August 1978 im Karlsruher Wildparkstadion mit 0:3. Trotz allem ein sehr erhabener Moment der einen stolz macht wenn man 13.000 Kilometer von zuhause entfernt etwas so vertrautes sieht.
Auch der Rundgang durch das Stadion weiß durchaus zu gefallen. Der Ground ist nunmal sehr beeindruckend und nicht umsonst eines der bekanntesten Stadien der Welt.




Nach der Bombonera ist vor dem nächsten Spiel. Also ging es raus aus La Boca und mit dem Zug Richtung Lanús. Von Marcelo wussten wir das Tickets für das Spiel am Stadion zu kaufen waren. Und an einem total unscheinbaren Anhänger der am Straßenrand stand und in den vier kleine Luken eingebaut waren, wurden wir fündig. Da noch Zeit genug bis zum Spiel war vertrieben wir uns die Zeit bei ein paar Gläsern Quilmes im Vereinsheim von Lanús und konnten dort noch live das Ausscheiden der Bayern aus der Champions League gegen Real Madrid am TV verfolgen. Am Stadion trafen wir dann einen Schreiberkollegen von Marcelo, der uns fragte ob wir für ein kurzes Interview und ein Foto zur Verfügung stehen. Marcelo schreibt unter anderem wie eben sein Kollege auch für ein kleines Fußball-Magazin namens "Vermouth Deportivo" und wie wir gesagt bekamen, sollten wir in der nächsten Ausgabe mit dabei sein. Gesagt getan. Bei dem Interview kam dann als abschließende Frage ob wir denn traurig wären über das Aus der Bayern bei Real. Die Antwort darauf kam synchron aus 5 Mündern: "NÖ!" Das hatte ihn dann doch etwas überrascht das eine Hand voll Deutsche nicht für ein deutsches Team sind. Nur kurz danach wurde von "Vermouth Deportivo" noch eine kleine Twitter-Mitteilung zu unserem Besuch in Lanús rausgehauen.


Bei der Begegnung von C.A. Lanús mit dem venezolanischen Verein FC Zulia aus der Stadt Maracaibo stand dann die zweite Begegnung mit Borussias Geschichte an. Denn bei diesem Club lässt ein alter Bekannter seine Karriere ausklingen. Ich hätte nie gedacht das ich Juan Arango noch einmal spielen sehen darf. Aber heute abend war es soweit. Wir hätten gerne ein Foto mit ihm zusammen gemacht. Dies war leider nicht möglich da wir wegen dieverser Absperrungen und der Polizei nicht nah genug an ihn heran kamen. Als er aber zum Warmmachen das Spielfeld betrat, riefen wir ihm ein paar Worte zu. Sowas wie " Borussia" und ähnliches. Das hat er sehr wohl gehört und auch gesehen das ich ein Borussia-Shirt trug. Man konnte in seinem Geswicht ehrliche Freude darüber erkennen. Und das ist doch auch schon was wert.
Auf dem Feld war an diesem Abend allerdings kein Blumentopf für den Mann mit der Nummer 18 zu gewinnen. Obwohl er deutlich erkennbar der beste Mann seiner Truppe war und auch einen schönen Freistoß gefährlich aber dennoch neben das Tor trat, verlor sein Team auch in der Höhe verdient mit 5:0.  Trotzdem werde ich diesen Abend so schnell nicht vergessen. Es war mir eine Ehre, Juan!





Fortsetzung folgt.....