Bökelberg

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Donnerstag, 8. Juni 2017

Was vom Fußball übrig bleibt....



Mit dem Ende der Spielzeit 2016/17 ist es für mich leider überdeutlich geworden. Leider ist nichts mehr so wie es mal war. Der Weg den der Fußball in den letzten Jahren eingeschlagen hat wird über kurz oder lang nicht der Weg ist, den ich noch lange mitgehen möchte. Ich bin wahrscheinlich nicht der einzige der so denkt. Zeit für eine Bilanz. 

Was ist passiert? Eigentlich nichts Überraschendes. Und genau das ist auch das Problem. Dass Borussia viele Höhen und Tiefen hatte in dieser Saison ist hinlänglich bekannt. Das als sportliches Highlight eigentlich nur das Spiel in Florenz hängen bleiben wird, umso trauriger. Man hat es auch im vierten Anlauf im Halbfinale nicht geschafft, den Sprung nach Berlin ins Finale hinzubekommen. Nackenschläge (wenn auch mit viel Pech) gegen Schalke, Derbyniederlage zuhause, Trainerwechsel, Verletzungssorgen, Dahoud-Wechsel, eine zerstrittene Fanszene, als Krönung der FC auf Platz 5 (sportlich sicher verdient, emotional eine Katastrophe). Man hat das Ende der Saison förmlich herbeigesehnt.  Aber selbst wenn Borussia ins Finale von Berlin eingezogen wäre, wieviel Aussicht auf Erfolg hätte man dort gehabt? Denn wenn wir mal ehrlich sind, ist der Finalist doch seit Jahren nur das Beiwerk für Bayern oder Dortmund. Und da fangen die Probleme doch schon an. Schaut man mal wer in den letzten Jahren alles das Finale bestritten hat verwundert es einen kaum, dass dieses eigentlich so tolle Fußballereignis seinen Reiz fast zur Gänze verloren hat. Zuletzt standen sich im Jahr 2011 dort zwei Mannschaften mit Schalke und Duisburg gegenüber, die nicht entweder Bayern oder BVB (oder gar beide) waren. Alleine in den letzten 4(!!!) Finalspielen stand der BVB. Das dieser nur das jüngste gegen Frankfurt gewann lag zum einen daran, dass man 2 Mal den Münchenern unterlag und das andere Mal (auch das wird den neutralen Fan kaum erfreuen) der Geldmaschine aus Wolfsburg. Es entwickelt sich also stetig in die Richtung, das mindestens einer von den Großen (dem DFB wäre sicher am liebsten jedes Jahr das gepushte und gehypte „German Clasico“ *kotz*) plus ein Verein der es irgendwie geschafft hat, sich durchzuwurschteln. Am langen Ende gewinnt eh der Favorit. Das neuerdings noch Birne Helene die Halbzeit als Plattform bekommt (vielleicht demnächst das Pokalfinale in der Pause vom Helene-Konzert ausspielen so wie es die Satireseite „Der Postillion“ meldete), ist zwar von schön ganz weit weg aber ich persönlich gucke mir das Finale schon seit Jahren nicht mal mehr im TV an.  Früher war der Pokal ein Wettbewerb, der es den kleineren Clubs ermöglichte, mal einen Titel zu gewinnen, mal International dabei zu sein auch als unterlegenes Team. Diese Zeiten sind passé. Dazu passt die Aussage von Herrn Grindel, der dem BVB den Sieg wünschte. Wenn schon der Präsident der „Saubermann-Organisation DFB“ solche Aussagen trifft vor einem Pokalendspiel, dann gute Nacht.

In der Bundesliga wird es ja sogar noch schlimmer. Denn auch hier gilt: den fetten Gänsen wird der Arsch geschmiert. 5 Meisterschaften infolge hat der FC Bayern nun gewonnen. Glaubt jemand ernsthaft daran, dass wir in den nächsten 20-30 Jahren einen anderen Meister außer Bayern, Dortmund oder Leipzig (man kommt aus dem kotzen nicht raus) sehen werden? Ich tu es nicht. Selbst beim Abstiegskampf erwartet uns genau das, was jeder befürchtet. Die Relegation ist ein Schutzschild für die „Großen“. Keiner konnte ernsthaft glauben das Wolfsburg den Gang in die 2. Liga antreten wird. Es war ziemlich klar, dass sich der VfL mit diesem Kader einfach in 2 Spielen gegen einen Zweitligisten Braunschweig durchsetzen muss. Zur Not hilft man mit einem mehr als fragwürdigen Elfmeter nach. Dass es in der Relegation eine Etage tiefer Mal einen Club mit 1860 München erwischt hat, der es aus so vielen Gründen (allen Voran wegen Herrn Ismaik) verdient hatte abzusteigen, ist dann fast schon nur noch eine Randnotiz. Aber an diesem Beispiel hat sich deutlich gezeigt, was ein Investor anrichten kann, wenn man sich ihm mit Gedeih und Verderb ausliefert. Ich hoffe, viele Vereine haben ganz genau hingesehen. Trotzdem bin ich auch hier davon überzeugt, dass unsere geliebte 50+1 Regel irgendwann fallen wird.
Gehen wir noch weiter runter, wird das ganze Trauerspiel mit der Relegation auf die Spitze getrieben. Die Aufstiegsspiele zur 3. Liga haben es mal wieder gezeigt. Als Meister der 4. Liga muss man einfach aufsteigen. Aber das ist dem DFB ja zu einfach. Außerdem lassen sich solche Spiele ja auch prima vermarkten. Zum einen hat man ja auch schöne Jubelbilder vom Aufsteiger, zum anderen kann man auf die „unverbesserlichen Idioten“ der unterlegenen Mannschaft schimpfen und sich wieder neue Strafen, Sanktionen oder Gängeleien ausdenken, weil in dem Moment der Entscheidung der Frust aus diesen Leuten herausbricht. Eine ganze Saison ist in diesem Augenblick nämlich für den Arsch. Das rechtfertigt natürlich weder Gewalt noch Sachbeschädigung, ist aber letztlich auch nur das Ergebnis dessen, was mit dieser Aufstiegsregelung kreiert wurde. Natürlich freut es mich, das mit Jena und Meppen zwei Kultclubs wieder im bezahlten Fußball sind. Aber Waldhof hätte es ebenso verdient gehabt. Oder Elversberg, oder Viktoria Köln. Das durch den Nichtausfstieg beider Clubs aus dem Südwesten sowie dem Abstieg von Mainz II und dem FSV Frankfurt in die Regionalliga Südwest der FC Homburg sowie der FK Pirmasens den Gang in die 5. Liga antreten müssen (mit anderen Worten 6 Absteiger aus der Südwest), darüber war in den Medien kein einziges Wort zu lesen. Ist halt Pech und c´est la vie!

Auch bei den großen Fleischtöpfen der Fußballwelt ist das Potential für Überraschungen erschöpft. In der Europa-League hat sich der Megafavorit ManU durchgesetzt. Das in diesem Wettbewerb noch am ehesten mit ein paar kleineren „Sensationen“ zu rechnen ist, bleibt aber dann auch schon die einzige Hoffnung. In der Champions-League kann man diese Hoffnung schon lange begraben.  Bisher ist es noch keinem Team gelungen, den CL-Titel zu verteidigen. Bis jetzt. Auch diese Statistik ist seit diesem Jahr und dem erneuten Triumph von Real Madrid Geschichte. Ich persönlich bin nie ein Freund der Großclubs gewesen. Von daher war die CL bis zu dem Moment an dem Borussia erstmals teilnahm für mich eher eine Veranstaltung der Kategorie „unter ferner liefen“. Aber ich hätte Gigi Buffon den Titel gegönnt, weil ich ihn als fairen Sportsmann und wahre Größe des Fußballs schätze. Stattdessen aber kommt es natürlich wie es immer kommt. Der Lachs aus Funchal mit der Nummer 7 und seine Spießgesellen, die in einem Jahr mehr verdienen als das Bruttoinlandsprodukt von Italien aufweist und für einen Club spielen, der in etwa so viel Schulden wie Uganda hat, stemmen den Henkelpott in die Höhe. Zum dritten Mal in den letzten 4 Jahren. Hui was ein Spaß. Ungefähr so viel Spaß wie ´ne Wurzelbehandlung ohne Betäubung.

Warum kotze ich mich so sehr darüber aus? Eigentlich weiß man doch in welche Richtung das Karussell sich seit Jahren dreht. Natürlich weiß man das. Man sitzt seit Jahren mit einer Dauerkarte mit auf dem Karussell. Aber langsam stellt man sich die Frage wann es an der Zeit ist von diesem Karussell abzusteigen. Das heißt nicht, nie mehr ins Stadion zu gehen. Dafür gehe ich zu gerne ins Stadion. Aber es fiel mir noch nie so leicht wie in dieser Saison, Spiele von Borussia zu verpassen (z.B. in der Zeit in Argentinien). Es gibt so viele Stadien in den unteren Ligen oder im Ausland, die ich noch nicht gesehen habe. Borussia kann ich zwar niemals ganz hinter mir lassen, aber ein Stück weit kann ich das schon. Denn die Entwicklung in den kommenden Jahren wird eher nicht zum positiven sein für den Fan und Stadiongänger. Im nächsten Jahr kommen Montagsspiele dazu. Zunächst nur 5 in der ganzen Saison. Aber das wird nicht das Ende der Fahnenstange sein. Vielleicht sind es im Jahr darauf schon 10. Und was kommt dann? Ich will nicht an einem Montag ins Stadion gehen zu einem Bundesligaspiel. Schon gar nicht Auswärts in Augsburg oder zu Spielen mit ähnlich weiter Anreise. Ich will mir nicht mal ein Heimspiel auf ´nem Montag ansehen. Ich möchte am Wochenende ins Stadion gehen. Ich möchte mein Bier und meine Bratwurst genießen. Am besten mit dem Nahverkehr anreisen. Ich möchte Spaß haben im Stadion. Geht das noch ab Liga 2 aufwärts? Wahrscheinlich nicht immer und in den kommenden Jahren immer weniger. Wenn es nur darum geht, Fußball zu gucken gibt es genug Alternativen. Dann wäre es vielleicht eine Überlegung wert, öfter mal Spiele von Rot-Weiß Essen, Wattenscheid, Oberhausen oder dem Bonner SC (oder welchem unterklassigen Club auch immer) zu besuchen. Sich frei zu machen von dem ganz großen Fußball. Zurück zur Basis zu gehen. Hin und wieder mal ein Wochenende im Ausland zu verbringen und da das eine oder andere Spiel zu verfolgen. Das kann zumindest ein Weg sein, sich den Fußball ein Stück weit wieder zurück zu holen.

12 Kommentare:

  1. Wie Recht Du hast und genau meine Gefühlswelt beschrieben!

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  2. Danke für den Beitrag! Ich sehe leider keinen Silberstreif am Horizont...

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  3. Genau so finde ich es auch. Noch kann auch ich nicht von der Borussia lassen, aber wie erfrischend ist es, in ein Stadion zu gehen, wo der Kommerz noch weitestgehend draußen ist (z. B. Landesliga Westfalen). Man geht rein (ohne Abtasten), man sucht sich einen Platz und fertig...

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    1. Ganz deiner Meinung. Ich war vor kurzem beim TUS Haltern zum entscheidenden Spiel um den Aufstieg in die Oberliga gegen Delbrück. Der Eintritt war kostenlos (wie schon die gesamte Saison). Das Bier und die Bratwurst gab es zu fairen Preisen. Die freuen sich über jeden der kommt. Das hat einfach Spaß gemacht. Und es gibt in den unteren Ligen auch echte Stadionperlen zu entdecken. Da werde ich mich in der nächsten Saison mal etwas intensiver mit befassen.

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    2. Ich habe das erste Jahr ohne Dauerkarte (seit 1999) ohne ernsthafte Schäden überstanden. Ich habe die Pöbeleien und Bierduschen untereinander in der Nordkurve nicht mehr ertragen und Konsequenzen gezogen. Einige sehen nicht, dass es eigentlich nur um eines geht: ein Spiel.....Fußball. Ein einfaches Spiel. Mehr nicht.
      Macht euren Kommerzkram und des ganzen SchickiMickiKram ohne mich!

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  4. Toller Beitrag.

    Der Fußball, wie wir ihn lieben schafft sich gerade ab. Bei den großen Clubs sitzen überwiegend Touristen im Stadion. Das ist der Anfang vom Ende. Nur scheint es niemand zu merken.

    Das ist wie in der Politik. Da wird auch nicht mehr für's Volk regiert, weil man gar nicht mehr weiß, wer das Volk ist und was es von der Politik erwartet.

    Solange der Rubel rollt, interessiert es aber keine Sau. Die Spitze des Eisbergs ist Katar. Tausende Menschen sterben beim Stadionbau und die Herren Fußballprofis spielen dann auf deren Blut. Wen interessiert's? Niemanden. Es wird höchstens darüber diskutiert, wie man Weihnachtsmarkt und WM unter einen Hut bekommt.

    Der Fußball ist ein Spiegel unserer Gesellschaft. Von daher braucht man keine Glaskugel, um die Zukunft zu erkennen. Es geht nur noch um Geld. Alles andere ist nichtmal eine Randnotiz wert. Heute wird das Vereinswappen geküßt und morgen wischt man sich mit dem gleichen Trikot den Arsch ab.

    Warum die Herren Eberl und Hecking sich darüber beschweren, daß Dahoud (in meinen Augen zurecht) mit Pfiffen verabschiedet wurde, erschließt sich mir nicht. Bei den irrealen Gehältern der Herren Profis muß berechtigte Kritik einfach erlaubt sein.

    Aber auch daß spiegelt sich in der Wirtschaft wieder. VW betrügt die halbe Welt und die Geschäftsleitung und Aufsichtsräte kassieren Rekordtantiemen. Die betrogenen Kunden bleiben auf Ihren scheiß Autos sitzen und zahlen die Zeche.

    DFB, UEFA und FIFA fahren das Schiff vor die Wand, werden aber nicht die Leidtragenden sein. Die letzten Karten, die man noch ziehen kann, sind China und vielleicht irgendwann Indien. Wenn die aber ihre eigenen Ligen in der Spur haben, dann wird Europa irgendwann überflüssig. Die Kuh kann zwar noch lange gemolken werden, aber den nächsten Generationen läßt man nur noch verbrannte Erde.

    Ich kann mittlerweile auch gut ohne Fußball, ob der Fußball aber dauerhaft ohne unsereins kann, wage ich sehr zu bezweifeln.

    Borusse bleibe ich trotzdem. Notfalls auch im Grenzlandstadion für 8,- €/Spiel gegen Ex-Bundesligisten.

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    1. Alles absolut richtig. Im übrigen finde ich das die Pfiffe gegen Dahoud ebenfalls total gerechtfertigt waren. Es ist nicht das große Problem das man den Verein verlässt. Entscheidend ist immer das "wie"!

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  5. Der Paul Weller für die Allerärmsten9. Juni 2017 um 03:36

    Ich kann die angesprochenen Aspekte im obigen Beitrag sehr gut verstehen. Die absolute Kommerzialisierung des Fußballs führt mehr und mehr zu leidenschaftsloser Langeweile. Dazu passt es dann eigentlich ganz gut, wenn die personifizierte leidenschaftslose Langeweile, Helene Fischer, beim Pokalfinale auftritt. Ich für meinen Teil habe Dauerkarte bei Borussia, spiele aber immer noch für ein Bunte Liga-Team. Und wenn ich nicht spiele, supporte ich mit 15 bis 20 anderen Verrückten dieses Team. Das ist einfach großartig! Meistens verlieren wir, aber wenn wir mal gewinnen, geht die Party bis zum nächsten Morgen. Das kann mir kein Profifußball dieser Welt bieten.

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    1. Ob es jetzt das eigene Hobbyteam ist oder ein Spiel in der Landesliga, im Ausland oder was auch immer. Es gibt wirklich genug Alternativen. Da muss jeder seinen Weg finden. Und das ist ja auch gut so.

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  6. Leider alles sehr wahr...

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  7. Mir fehlen die Worte, weil alles gesagt wurde...

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  8. Sehr guter Kommentar. Auch wenn er mich sehr wehmütig stimmt. Ich kann jeden Satz voll unterstreichen. Der Fußball und seinen Kultur, wie ich ihn geliebt habe ist leider auch bei Borussia Geschichte. Es lebe die WM in Katar und Russland und bald erleben wir das DFB Pokalfinale im Ausland. Bringt mehr Geld.

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